Die Linienschifffahrt nimmt Fahrt auf
Auf dem Rhein könnte bald eine Linienschifffahrt als Teil des öffentlichen Verkehrs eingeführt werden. Dies hätte Auswirkungen auf die Rheinschwimmer.
Der «Lällekönig» wäre als Linienschiff zu gross, Vaporetti wie in Venedig stehen zur Diskussion
Für die Linienschifffahrt müssten mehrere
neue Anlegestellen (rot) geschaffen werden.
Zwischen Weil am Rhein, Huningue und Birsfelden könnte auf dem Rhein bald eine Linienschifffahrt als Teil des öffentlichen Verkehrs eingeführt werden. Denkbar wären zehn oder mehr Anlegestellen. Erste Abklärungen des Basler Bau- und Verkehrsdepartements haben ergeben, dass die Einrichtung einer Linienschifffahrt grundsätzlich machbar erscheint.
«Jetzt müssen in einer Vorstudie die technischen und nautischen Fragen wie auch die Wirtschaftlichkeit des Projekts abgeklärt werden», sagt stellvertretender Leiter des Amts für Mobilität. «Vom Potenzial her wäre eine derartige Linie interessant. Wir haben entlang des Rheins grosse Arbeitgeber wie das Kantonsspital, Roche und Novartis, und an der Schifflände und der Johanniterbrücke gibt es gute Verknüpfungen mit dem öffentlichen Verkehr», fährt Jurt fort. Die Studie müsste allerdings auch mögliche Konfliktpunkte wie diejenige mit den Rheinschwimmern berücksichtigen.
Neue Insel und Dreiländereck
Die Studie soll im Rahmen eines Planungskredits für das Projekt 3Land finanziert werden. Dieser wird im Frühling dem Grossen Rat vorgelegt, teilte die Regierung kurz vor Weihnachten mit. Das Projekt sieht vor, dass auf einer neu zu schaffenden Insel, die sich vor allem in Kleinhüningen befindet, sowie in Huningue und Weil-Friedlingen, also zwischen Palmrain- und Dreirosenbrücke, 10'000 Arbeitsplätze und Wohnungen für 10'000 Personen geschaffen werden sollen.
Rücksicht auf Rheinschwimmer
In der besagten Vorstudie zum ÖV auf dem Rhein sind der Komfort der Schiffe wie auch die Lage und Anzahl der Anlegestellen, Fahrplan und Tarife sowie sicherheitsmässige Fragen abzuklären. «Damit die Linienschifffahrt auf dem Rhein von den Pendlerinnen und Pendlern als Teil des öffentlichen Verkehrs angenommen wird, muss ein solches Angebot grundsätzlich attraktiv sein», schreibt die Regierung weiter. Sie beantragte, den Anzug von Heidi Mück und Konsorten stehenzulassen, was der Grosse Rat im Januar 2012 auch beschloss.
Heidi Mück bewertet die Antwort der Regierung als gutes Zeichen. «Ich gehe davon aus, dass sie das Projekt möchte.» Allerdings ist ihr, wie im Anzug schon formuliert, sehr wichtig, dass die neue Schifffahrtslinie und die Rheinschwimmer nebeneinander existieren können. Das Projekt sollte nicht «durchgezwängt» werden. «Wenn es zum Clinch zwischen Schwimmern und Schifffahrt kommt, müsste Letztere Konzessionen machen», fordert Mück.
Die Regierung äussert in ihrer Antwort Verständnis für die Bedenken, «die eine solche Idee bei den heutigen Nutzern und Nutzerinnen des Rheins auslöst». Peter Stadler, Geschäftsführer der Basler Personenschifffahrts-Gesellschaft (BPG), hatte vor einem Jahr in einem BaZ-Interview die Möglichkeit genannt, mit kleineren Schiffen, die zum Beispiel mit einem Wasserstrahlantrieb statt mit einer Schraube ausgestattet sind, das Risiko für die Schwimmer erheblich zu reduzieren. Stadler ist derzeit in den Ferien und war nicht zu erreichen.
Dass es mit dem Projekt ÖV auf dem Rhein vorwärtsgeht, liegt auch daran, dass es Teil der Ideensammlung von Vorhaben der Internationalen Bauausstellung IBA Basel 2020 ist. Das Projekt «Mehr Schiffsverkehr, Linienschifffahrt auf dem Rhein», das von Tino Krattiger und Tobit Schäfer lanciert wurde, sieht eine Verkehrslinie mit mittelgrossen Personenschiffen vor – ähnlich wie die Vaporetti in Venedig. Sie soll Hüningen/Weil und Birsfelden/Grenzach über zehn Anlegestellen mit Basel verbinden. IBA-Geschäftsführer Martin Jann nimmt mit Genugtuung zur Kenntnis, dass die IBA beim ÖV-Projekt auf dem Rhein ihre Rolle als «Katalysator» gespielt habe.
Strategisch «tolle» Sache
Bei der BPG hält man die Idee «grundsätzlich für gut», wie Verwaltungsratpräsident Daniel Thiriet sagt. «Strategisch gesehen ist das eine tolle Sache», fährt er fort. Ob die BPG die ÖV-Linie auf dem Rhein übernehme, sei allerdings eine andere Frage. «Mit unserem jetzigen finanziellen Background geht das nicht. Falls in drei Jahren ein konkretes Projekt daraus wird, müssen wir uns damit auseinandersetzen.» Die ÖV-Linie werde dann wahrscheinlich auch ausgeschrieben, glaubt Thiriet.
Ganz neu sei die Idee sowieso nicht, betont er. Schon vor 20 Jahren habe die FDP einen ähnlichen Vorschlag unter dem Namen Vaporetto lanciert. In der Zwischenzeit scheint die Partei weniger begeistert davon. Den Anzug von Heidi Mück hatte von der FDP niemand unterschrieben.